Der Ausschuss für Musik, Kultur und Kreatives hat in seiner Sitzung am 03.09.2020 den nachstehenden Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktionen einstimmig beschlossen.
Sachverhalt:
Seit 2017 beschäftigt sich die damalige Schulklasse 7 (heute 10) der Schule auf der Veddel mit der Namensgebung der Straße ihrer Schule. Im Rahmen eines Projektunterrichts zum Thema „Kolonialismus“ stieß die Schülerschaft auf Robert M. Sloman, den Namensgeber des Slomanstiegs und der angrenzen- den Slomanstraße.
Sie fanden heraus, dass er – der Besitzer der Reederei Rob. M. Sloman – in der Zeit des deutschen Kolo- nialismus, für den Tod vieler Menschen verantwortlich war. Zum Einen starben aufgrund mangelhafter Nahrungsversorgung, Unterbringung und Hygiene viele der Reisenden auf seinen (übermäßig stark über- ladenen) Passagierschiffen. Ebenso litten die Schiffsarbeiter, insbesondere die Heizer und Kohlentrimmer unter den Bedingungen an Bord: Die harten Arbeitszeiten, der mangelhafte Luftaustausch und die brutale Behandlung durch ihre Vorgesetzten trieb eine Vielzahl von ihnen in den Selbstmord. Nach einer Über- fahrt des Segelschiffes „Leibnitz“ im Jahr 1867, das 108 Tote (von 544 Passagieren) zu beklagen hatte, betitelte man Slomans Schiffe in der Presse als „Totenschiffe“.
Zum anderen war Robert M. Sloman zusammen mit seinem Neffen Henry Sloman für die Verschiffung von Salpeter von Chile nach Hamburg verantwortlich. Henry Sloman war Besitzer mehrerer Salpeter- minen in der chilenischen Atacama-Wüste und profitierte mit seinem Onkel stark von diesem Geschäft. (Der Salpeter diente unter anderem dazu, Sprengstoff und Schießpulver für die deutschen Kolonialkriege in Afrika herzustellen). Unter der Leitung Slomans starben zahlreiche chilenische Arbeiter, da die Arbeits- bedingungen in den Minen stark gesundheitsschädlich waren und die ärztliche Versorgung sowie die Unterbringung der Arbeiter starke Mängel aufwiesen. Ihre Arbeit wurde zudem schlecht bezahlt und be- reits Kinder ab acht Jahren arbeiteten in den Minen. Als es im Jahr 1907 zu einem Streik der Minenarbei- ter kam, wurden Tausende von ihnen getötet.
Auch wenn Chile niemals offiziell eine deutsche Kolonie war, so hatten doch die deutschen Minenbesitzer wie Henry Sloman, dort sehr viel Macht – fast so viel wie ein Kolonialherr einer deutschen Kolonie in Afrika. 1912 war Henry Sloman der reichste Mann Hamburgs. Um seinen Reichtum zur Schau zu stellen, baute er das Chilehaus, das heute noch in Hamburg seine Pracht zum Ausdruck bringt.
All dies ist bekannt und nachweislich in Nachschlagwerken wie z.B. Biographien von A bis Z (S. 63-67) – und im Übrigen auch durch die Schülerinnen und Schüler der Schule auf der Veddel gut recherchiert und deshalb durch den Bertini-Preis 2019/ Demokratisch Handeln ausgezeichnet – nachzulesen.
Auch die Tatsache, dass die Slomans seiner Zeit politisch viel Einfluss hatten und damit Ehrenbürger waren, kann die menschenunwürdigen Bedingungen, auf dem der Aufschwung der Slomans und ein Teil der städtischen Wirtschaft nachwirkend fußt, nicht weg wischen.
Dieser Antrag unterstützt das Begehren dieser jungen Menschen, die gemeinsam an der Schule auf der Veddel ein Zeichen setzen und den Slomanstieg umbenennen möchten.
Dem haben die Schulleitung und das gesamte Kollegium, die einzig von der Straßenumbenennung be- troffen wären, einstimmig zugestimmt. Sie haben sich gemeinsam mit Politik auf dem Weg gemacht und nach ausgiebigen Diskussionen einvernehmlich auch mit dem Konsulat der Republik Chile in Hamburg, auf den nach Ihrer Ansicht würdigen neuen Namensträger „Castellonstieg“ geeinigt.
Gregorio del Jesus Castellon Lazarte, war ein chilenischer Minenarbeiter und Gewerkschaftsführer, der für bessere Arbeitsbedingungen und die Rechte der Minenarbeiter kämpfte.